An einem Tag im November - Roman by Petra Hammesfahr

An einem Tag im November - Roman by Petra Hammesfahr

Autor:Petra Hammesfahr [Hammesfahr, Petra]
Die sprache: deu
Format: mobi, azw3, epub
Herausgeber: Diana Verlag
veröffentlicht: 2014-07-01T22:00:00+00:00


Anne

Mit sieben Tragetaschen voller Geschenke im Auto – die Taschen des Beauty-Salons waren nicht sehr groß – fuhr Anne nach ihrem letzten Arbeitstag um halb acht zum Brenner-Center, um Emilie abzuholen. Als sie hereinkam, hielt Lukas sich im Büro auf. Andrej überwachte im Hintergrund einen Neukunden auf dem Laufband und winkte ihr freundlich zu. Emilie saß an der Saftbar und ließ sich von Murat verwöhnen – zum letzten Mal, sagte sie theatralisch, womit sie natürlich nur die nächsten drei Wochen bei den Großeltern meinte.

Murat mixte ihr aus verschiedenen Säften den Schlaftrunk. Und sie himmelte ihn an. Es spielte keine Rolle, ob man fünf war oder fünfzig, wenn man einen Mann toll fand.

»Voilà, Mademoiselle«, sagte Murat mit gewollt französischem Akzent, als er Emilie die zähflüssige Brühe kredenzte. »Damit wirst du schlafen wie ein Murmeltier. Und morgen sagst du deinem Freund, er soll herkommen, dann sehen wir mal, was ich für ihn tun kann.«

»Er ist nicht mein Freund«, erwiderte Emilie. »Ich sehe ihn morgen auch nicht, wenn ich bei Oma Irmgard und Opa Hans bin.«

»Dann sagst du es ihm eben später«, riet Murat leichthin, legte verschwörerisch einen Finger an die Lippen und fügte hinzu: »Und sonst zu keinem Menschen ein Wort. Versprochen.«

»Versprochen«, wiederholte Emilie gewichtig.

Anne hörte das zwar, aber sie war zu erschöpft, um diesem Dialog eine besondere Bedeutung beizumessen. Dass Lukas umdisponiert hatte und Emilie zu den Großeltern schickte, erfasste sie erst, als sie zu ihm ins Büro ging.

»Ich will, dass du dich erholst«, erklärte er ihr seine Vorsichtsmaßnahme für Emilie. »Du musst vor der Geburt richtig Kraft tanken und brauchst Ruhe. Die hast du nicht, wenn Emilie in der Nähe ist.«

»Was verstehst du unter Ruhe?«, fragte Anne. »Nächste Woche kommen die Handwerker. Meinst du, die bauen das Dachgeschoss geräuschlos aus?«

»Nein«, räumte Lukas ein. »Aber wie willst du Emilie vom Dachboden fernhalten, wenn dort fremde Leute hämmern und sägen? Du kannst nicht immerzu treppauf und treppab laufen.«

Damit hatte er unbestreitbar recht. Und obwohl sie noch nicht wusste, wie sie ab morgen die Zeit totschlagen sollte, war Anne erleichtert, sich in ihrem Zustand nicht sofort selbst um Emilie kümmern zu müssen.

Beinahe hätte Emilie den Sicherheitsplan ihres Vaters aber noch durchkreuzt. Als sie die Tüten mit den hübsch eingewickelten Päckchen entdeckte, die Anne auf die Rückbank im Auto gelegt hatte, wollte sie lieber mit nach Hause statt zu den Großeltern.

»Ich muss dir doch helfen«, erklärte sie. »Zu Oma und Opa kannst du mich morgen bringen.«

Geschenke versetzten sie jedes Mal in euphorische Erwartung. Sie war nicht daran gewöhnt, dass andere beschenkt wurden und sie leer ausging, es sei denn, jemand hatte Geburtstag.

Bereitwillig übernahm sie auf dem Parkplatz ein halbes Dutzend Täschchen und lief so schnell vor Anne her, dass die nicht Schritt halten konnte. Kaum im Haus, stürmte Emilie ins Wohnzimmer, nahm sich nicht mal die Zeit, ihre Stiefel und die Steppjacke auszuziehen.

Während Anne ihren Mantel an die Garderobe hängte und sich bemühte, mit den Zehen des linken Fußes den Fersenriemen der rechten Sandale abzustreifen, damit sie sich nicht bücken musste, was kaum noch möglich war, machte Emilie sich ans Auspacken.



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